„Als Mahl beganns und ist ein Fest geworden kaum weiß man wie.“ R.M.Rilke
Kaum wissen wir wie.
In etwa wissen wir, wie es von dem Wunsch, nicht mehr mit industriellen Farben zu malen und in der Kunst etwas anderes zu nutzen als Plastik und Acrylate, zu dem Nutzen von Naturfarben kam.
In etwa wissen wir auch, wie unser grober Plan aussah, als zur Kulturhauptstadt Ruhr 2010 „seven european gardens“ mit unseren Partnern vom Südafrika Forum NRW zu einem globalen Konzept wurde.
Wir wissen auch, dass es Kunst ist, was wir da machen.
Eine Soziale Skulptur, die gemeinsam geschaffen wird aus Aktion und Reaktionen.
Ein großes Gemeinsames, in dem eben kein Mensch ein Bild malen kann, wenn nicht jemand zuvor den Garten bestellt hat.
Was wir noch wissen ist, dass die Kunst als Entwickler von kulturellen Ideen ein Motor sein kann für gesellschaftlichen Wandel.
Wir wissen ebenso, dass Partizipation, Selbstwertgefühl, Erkennen der eigenen Kompetenz und der Wille, zukünftigen Generationen etwas Wertvolles zu hinterlassen, grundlegende Paradigmen sind im Rahmen der nachhaltigen Entwicklungsziele der UNO.
Kindheit, Schule, Ausbildung und Beruf sind durch ein hohes Maß an Erwartungen und Ansprüchen gekennzeichnet. Diese bilden ein Wertesystem der Perfektion, der Zuverlässigkeit, der Flexibilität, der Schnelligkeit, der Effizienz, der Kontrolle, Sicherheit und der Kompetenz, um einige davon zu nennen. Diese gesellschaftlichen Bewertungsmaßstäbe entstammen einer industriellen Epoche, die in unserer Zeit einem Paradigmawechsel unterliegen. Sei es durch neue Technologien, neue Herrschaftsstrukturen, Klimawandel oder globale Pandemien – feststeht:
Unsere globale Welt ändert sich gerade massiv.
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Gestaltungskompetenzen
Die UN haben mit ihrem Programm der Bildung für eine nachhaltige Entwicklung (BNE) und der Verdeutlichung der nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) in den letzten Jahren zahlreiche Programme und Projekte auf den Weg gebracht.
Innerhalb der Bildung für eine nachhaltige Entwicklung werden neue Kompetenzen geschult, die in ihrer Zielsetzung nicht den oben genannten industriellen Standards entsprechen, sondern sich an die Entwicklungsmöglichkeiten des Einzelnen richten.
Die so genannten „Gestaltungskompetenzen“.
Um die Aspekte der Nachhaltigkeit umzusetzen, somit die Ziele der BNE zu erreichen, wurde vom Nationalkomitee der UN-Dekade Bildung für nachhaltige Entwicklung (2005-2014) ein Katalog von zwölf Gestaltungskompetenzen definiert:
Sach- und Methodenkompetenz
- Weltoffen und neue Perspektiven integrierend Wissen aufbauen
- Vorausschauend denken und handeln
- Interdisziplinär Erkenntnisse gewinnen
- Risiken, Gefahren und Unsicherheiten erkennen und abwägen können
Sozialkompetenz
- Gemeinsam mit anderen planen und handeln können
- An Entscheidungsprozessen partizipieren können
- Sich und andere motivieren können, aktiv zu werden
- Zielkonflikte bei der Reflexion über Handlungsstrategien berücksichtigen können
Selbstkompetenz
- Die eigenen Leitbilder und die anderer reflektieren können
- Selbstständig planen und handeln können
- Empathie und Solidarität für Benachteiligte zeigen können
- Vorstellungen von Gerechtigkeit als Entscheidungs- und Handlungsgrundlagen
nutzen können
Schattenkompetenzen
Da die wenigsten Menschen diesen Ansprüchen gerecht werden können, ist das Scheitern ein unabdingbarer Begleiter. Was wir daher alle lernen müssen, sind nicht nur Copingstrategien, die helfen, mit Niederlagen funktional und konstruktiv umzugehen, sondern wir brauchen Fähigkeiten, durch die wir in der Lage sind, innerhalb eines utopischen Wertesystems ein erfülltes, zufriedenes und glückliches Leben zu führen. Diese Fähigkeiten werden hier als sogenannte „Schattenkompetenzen“ vorgestellt.
Sie basieren auf einem menschenwürdigen Wertesystem, welches durch eine Transformation des von außen motivierten Wertesystems gefunden werden kann. Ungewissheitstoleranz, Fehlerfreundlichkeit und Anspruchsrelativierung sind drei der hier vorgestellten Fähigkeiten. Diese sind insbesondere in einer Kultur notwendig, in der menschliche Werte nicht umfassend gelebt werden.
Sevengardens als langjähriges, sich stets neu definierendes Kunstprojekt mit zahlreichen Akteur*innen und Partizipateur*innen hat als internes Lernziel die Stärkung dieser vorhandenen informellen Kompetenzen, derer mache sich gar nicht bewusst sind.
- Anspruchsrelativierung
- Ungewissheitstoleranz
- Selbstbestimmung am Lernobjekt
- Ermutigung zur Subsistenz
- Vertrauen
- Mut
- Achtsamkeit
- Gelassenheit
- Erkennen existenzieller Abhängigkeiten
- Begeisterung
- Zuversicht
- Verantwortung
- Wertschätzung
- Wertschöpfung
- Initiative
- Fehlerfreundlichkeit
Dies sind Kompetenzen oder Fähigkeiten, die in eine bunte Gesellschaft von einem Menschen eingebracht werden können. Es braucht nicht individuell formuliert werden, dieses innere Können kann in allen aktiviert werden. Auch für die Underdogs und Subkulturellen unter uns bietet dieses uralte, neue Miteinander Handlungsfelder, sind es doch gerade diese Szenen, welche die bestehenden Kulturen immer aufs Neue prüfen.
sevengardens als Feld zur konkreten Umsetzung der SDGs
Bei der Umsetzung der SDGs in reale Handlungen finden sich im sevengardens Kosmos der letzten Jahre zahlreiche Positionen, die auf einzelne Entwicklungsziele besonders hinweisen. Alle diese Projekte und Strukturen haben gemeinsam, dass sie immer ganzheitliche Lösungen anbieten.
- Schaffen von regionalen Produkten
- Umgang mit Wasser und Erde
- Interesse an Diversität durch Austausch
- Stärkung des Handwerks
- Stärkung von Frauen
- Achtsamkeit gegenüber Natur und Umwelt
- Partnerschaft auf Augenhöhe
- Klein-Farming in Metropolen
- Überbringen von schulischer Bildung in die Familie
- Ideengeber für Kulturgut
- Erhöhungen von Ernährungswerten
- Interesse an hochwertiger Bildung
- Energie nutzen aus nachhaltigen Quellen
- Schaffen von Innovation und neuen Infrastrukturen
- Impulse für einen globalen Dialog
- Kleinschrittige Maßnahmen für den Klimaschutz
Immer sind die Ausgangsideen mit einem inneren Wachstum ausgestattet und bilden über die Jahre ein Konglomerat aus Kompetenzen. Jede Idee ist einzig in ihrer Art und jede ist kompetent in ihrer Weise und jede wächst in ihrem eigenen Rhythmus.
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Was wir nicht wussten war, ob das, was als einfaches Vorhaben geplant war, auch wirklich greift, ob die Methode selbst von der UNESCO als Struktur zertifiziert wurde und die Vorgehensweise als RCE Ruhr von der UN University akkreditiert wurde.
Doch es geschah.
Kaum weiß man wie…,
Frau aber bestimmt. Denn 99% von sevengardens sind Frauen. Sie sind die Gärtnerinnen, Pädagoginnen, Journalistinnen, Mütter, Unternehmerinnen, Wissenschaftlerinnen, Beamtinnen, Künstlerinnen und Freelancerinnen. Und eben sie sollen in der vorliegenden Zukunft zu Wort kommen. Ihre Arbeiten und Ideen kreieren das Netzwerk „sevengardens“ – eine soziale Skulptur zur Stärkung informeller Kompetenzen für einen gesellschaftlichen Wandel.